Totholzkäfer zweier Urwaldverdachtsflächen

Diplomarbeit „Holzbewohnende Käferfauna in Urwald-Verdachtsflächen“

Auf dem Lebensraum Holz angewiesene (xylobionte) Käfer spielen neben holzbesiedelnden Pilzen beim Abbau von Totholz eine entscheidende Rolle. Die Lebensweise sowie ihre hohe Artenzahl, die empfindlichen Reaktionen auf Veränderung im Lebensraum, machen xylobionte Käfer zu einer Schlüsselgruppe für eine Reihe von Fragestellungen im Bereich des Naturschutzes. Im Rahmen dieser Diplomarbeit von Andreas Eckelt (Universität Innsbruck, Institut für Zoologie, Email: andreas.eckelt@student.uibk.ac.at) wird erstmals die an Totholz gebundene Käferfauna im Nationalpark Kalkalpen mittels wissenschaftlichen Methoden untersucht, um das lokale Artenspektrum zu erheben und den Wert dieser Flächen in Bezug auf Habitattradition und Strukturqualität zu bemessen. Ziel dieser Arbeit ist es Erkenntnisse über die Biologie der einzelnen Arten, ihre Naturschutzrelevanz und ökologische Bedeutung für den Wald zu gewinnen.

Die Freilandarbeiten konnten wie geplant im Jahr 2010 (Mai-Oktober) durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen werden. Der Einsatz von Fensterfallen garantiert eine schonende Aufsammlung und gewährleistet einen direkten Vergleich mit vorliegenden Studien, so speziell auch mit der fundierten Forschung im Nationalpark Bayerischer Wald.

Das Probenmaterial aus 10 Fensterfallen ist mittlerweile ausgewertet und die Käferfauna bereits großteils determiniert. Bislang konnte die unerwartet hohe Zahl von mehr als 280 Arten festgestellt werden, davon 153 Arten im laubwalddominierten Bestand (700-800 m Seehöhe) und 159 Arten im Fichten-Buchen-Mischwald (1300-1400 m Seehöhe). Darunter auch gleich mehrere ausgesprochen seltene Urwaldreliktarten sowie auch der Erstnachweis vom Scharlach-Plattkäfer (Cucujus cinnaberinus, Anhang II, FFH-RL) im Nationalpark. Die Mehrzahl der so genannten Reliktarten sind weder von einer bestimmten Waldgesellschaft, noch von einer einzelnen Baumart abhängig. Vielmehr sind es ganz spezielle Milieufaktoren, welche von vielen verschiedenen Variablen bestimmt werden. Nur durch das richtige Zusammenspiel von Temperatur, Licht, Meereshöhe, Relief, Boden, Feuchtigkeit, der richtigen Totholzdimension und viel Zeit, entstehen die geeigneten Milieubedingungen, die diese Arten voraussetzen. Dies trifft auch auf viele andere Xylobionte zu. Ihre hohen Ansprüche machen sie somit zu einem guten Indikator für die Bestimmung des Naturnähegrades eines Waldgebiets. So ist nur durch ein reichhaltiges Nischenangebot und der zeitlichen Vernetzung (Totholztradition) ein Überleben solcher Spezialisten möglich. Diesen Bedingungen begegnen wir heute nur mehr auf wenigen isolierten, meist in unzugänglichen und damit wirtschaftlich unrentablen Flächen. Solche Wälder stellen aber die letzten Refugien für diese Arten dar. Dadurch erhalten solche Flächen auch einen besonderen naturschutzfachlichen Wert. Denn nur hier kann man noch ein einigermaßen naturnahes Bild zeichnen, über welches man das Funktionieren sowie die Nachhaltigkeit der Maßnahmen des Naturschutzes zur Erhaltung der Vielfalt in unseren Wäldern prüfen kann. Die bisherigen Ergebnisse belegen bereits die teils sehr naturnahen, urwald-ähnlichen Waldbestände im Nationalpark Kalkalpen.

Andi Eckelt © Weigand

Andreas Eckelt bei der Installierung von Fensterfallen zur Erfassung von totholz-bewohnenden Käfern.
Foto: NP Kalkalpen /  E. Weigand, Mai 2010